Zu insgesamt 840 Tage Haft verurteilt, hat die Staatsanwaltschaft bei dem Gerichtstermin am Freitag darauf verzichtet, sie tatsächlich ins Gefängnis zu schicken. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie ein Jahr lang nicht verhaftet wird - und zwar nirgendwo. Darüber hinaus wird sie für 9 Monate aus Washington verbannt, sie darf den Sitz der Regierung in dieser Zeit nicht betreten. Die Behörden versuchen, sie mit strengen Bewährungsauflagen einzuschüchtern und mundtot zu machen. Die unliebsame Öl-Katastrophe soll endlich aus den Medien verschwinden. Doch Diane lässt sich nicht zum Schweigen bringen.
BP muss zur Verantwortung gezogen werden! Deshalb verstärken wir, und mit uns viele internationale Organisationen wie etwa Code Pink (USA), unseren Aufruf zum Boykott von BP und zum Schreiben von Protestmails an BP: Haftung von BP für alle Schäden! Haftung für Langzeitfolgen! Bestrafung der verantwortlichen Manager und der hinter diesen stehenden Großaktionäre! Keine neuen Tiefseebohrungen! Ausstieg aus dem Erdöl, Einstieg in regenerative Energien und ökologie-verträgliche Wirtschaft! Keine Tiefseebohrungen im Mittelmeer!
Wie wir bereits in einer früheren Ausgabe unserer [ethecon email info] berichtet haben, ist die Preisträgerin des Internationalen ethecon Blue Planet Award 2006, Diane Wilson, am 9. Juni in Washington DC festgenommen worden, nachdem sie sich bei einer Sitzung des Energie-Ausschusses des US-Senats mit (nachgemachtem) Öl übergossen hat. Bei der Anhörung des BP-Geschäftsführers Tony Hayward durch den US-amerikanischen Senat am 17. Juni forderte Diane Wilson mit schwarz verschmierten Gesicht und Händen lautstark dessen strafrechtliche Verfolgung. Sie wurde erneut festgenommen. Diese beiden friedlichen Protest-Aktionen werden ihr ebenso als gesetzwidriges Benehmen vorgeworfen wie ihr angeblicher Widerstand gegen ihre Verhaftung. Diane Wilson (Jahrgang 1948) ist seit Jahrzehnten bereits aktiv für die Rettung des für seinen Artenreichtum bekannten Golf von Mexiko vor den Zerstörungen durch die chemische und andere Industrie. Zudem hattte sie als Garnelenfischerin in fünfter Generation ganz persönliche Gründe für ihre Proteste.
Insgesamt gibt der BP-Konzern jährlich nur etwa 20 Millionen Dollar für die Sicherheit aus. Das ist weniger als ein Zehntausendstel des jährlichen Umsatzes. Diese hemmungs- und rücksichtslose Profitgier hat elf Menschen das Leben gekostet und eine der schlimmsten Umweltkatastrophen aller Zeiten verursacht.
Ein Boykott ist nicht mehr und nicht weniger als eine <Strafaktion>. Ein Boykott ist also neben dem Protestschreiben eine der wenigen Möglichkeiten, die der Einzelne hat, um seine Unzufriedenheit und seine Kritik deutlich zu machen. Doch solange Millionen Autos von diesem Öl abhängen, wird es kaum je einen Boykott gegen all diese Konzerne geben. Nein, der Unfall müsste genutzt werden, um die Irrationalität des ölbasierten Verkehrssystems aufzuzeigen und Alternativen zu fördern. Diesen Wandel würden die Ölkonzerne spüren.
Greenpeace informiert die Menschen über Umweltverschmutzungen, Gefährdungen und Lösungsansätze. Wir rufen sie zum Handeln und zu unserer Unterstützung auf. Die bewusste persönliche Entscheidung jedes Einzelnen macht einen Protest stärker und erhöht den Druck auf Politik und Wirtschaft. Im Falle des Erdöls gilt: Das nachhaltigste Mittel gegen die Risiken ist die größtmögliche Einschränkung des Verbrauchs. Übrigens: Greenpeace hat auch 1995, während der Brent Spar-Kampagne gegen Shell, nicht zum Boykott aufgerufen. Dieser Impuls ging von der Nordelbischen Kirche aus und wurde von Politikern unter anderem der CDU gestützt.
Chance vertan. Durch eine Diskussion um die Wirkung eines Boykotts im Zusammenhang mit der deutschen Geschichte und ihrem Antisemitismus, hätte eine ökologische Bewegung einen neuen Auftrieb erhalten können. Darum ist die Katastrophe in der medialen Versenkung verscwunden und das Öl schwimmt strmgepeitscht auf den Ozeanen herum.