Ab 1878 begann Bismarck sozialdemokratische Vereinigungen zu bekämpfen, die infolge der fortschreitenden
Industrialisierung schnell erfolgreich wurden. Bismarck befürchtete eine Revolution der Arbeiter. Am
21. Oktober 1878 wurde das Sozialistengesetz beschlossen, das alle Sozialdemokratischen Vereinigungen,
die den "Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung" zum Ziel hatten und Gewerkschaften
verbot. Ab 1883 wurden Sozialversicherungen als weiterer Schutz vor einem Arbeiteraufstand von Bismarck
eingeführt.
Der wichtigste Vorteil der Kolonien war für sie der "Export der sozialen Frage". Großgrundbesitzer Ernst
von Weber und der Leiter der Rheinischen Mission in Barmen, Friedrich Fabri sprachen von einem "Ventil für
soziale Spannungen in Deutschland". Durch die Industrialisierung in Deutschland war nicht nur ein großes
"Arbeiterproletariat" entstanden, der eine Gefahr für das bestehende Staatssystem bildete, sondern durch
eine Verbesserung der hygienischen und medizinischen Versorgung erfolgte auch ein rapider Anstieg der
Bevölkerung (von 1875-1913 erhöhte sich die Reichsbevölkerung um 25 Millionen = +60%). Man hoffte, das
Problem zu entschärfen, indem man Deutschen die Möglichkeit gab, in deutsche Gebiete in Übersee
auszuwandern. Da auch in der Bevölkerung eine prokoloniale Stimmung herrschte, hoffte Bismarck mit seiner
Kolonialpolitik die Nationalliberalen, die Verfechter des Kolonienerwerbs schlechthin, zu stärken und
damit die Sozialdemokraten zu schwächen.
Man dachte, die Konjunktur könnte durch neue Rohstoffquellen und Absatzmärkte belebt werden. Besonders
der zu der Zeit herrschende Konjunkturtief (von 1882 bis 1886) begünstige die prokoloniale Stimmung der
Wirtschaft. Um eine Großmacht zu sein, müsse man Kolonien haben, war die Einstellung der Kolonienbefürworter.
In Afghanistan stand England kurz vor einem Krieg mit Russland. Auch in ägypten gab es Streit zwischen
Frankreich und England. Da die Kolonialmächte abgelenkt waren, wagte Bismarck den Schritt, Gebiete im
übersee unter deutschen Schutz zu stellen.
Die Nationalliberale Partei war ein Verfechter der Kolonialpolitik. Die Mitglieder waren in
Kolonialgesellschaften engagiert und forderten aus verständlichen Gründen den Erwerb von Kolonien. Die
Position behielten sie bis zum Ende des Kaiserreiches.
Alle Kolonien ließ der Kaiser Wilhelm II. 1891 dem Auswärtigen Amt in Berlin unterstellen. Der Kaiser setzte
auch die offensive Kolonialpolitik Bismarcks fort. Er wollte für die "zu spät gekommene Nation" einen "Platz
an der Sonne schaffen".