Hier der Beitrag als Radiosendung.
22.November 2006

Kantinenboykott im Flüchtlingslager Bramsche-Hesepe wird fortgesetzt- Flüchtlinge fordern humane Unterbringung

Die Bewohner und Bewohnerinnen des Flüchtlingslagers Bramsche-Hesepe (ZAAB Oldenburg - Außenstelle Bramsche) setzten heute den Boykott des Kantinenessens fort. Es beteiligten sich ca. 100 Flüchtlinge, die durch UnterstützerInnen alternativ mit Lebensmitteln versorgt wurden. Die bereitgestellten Lebensmittel wurden hauptsächlich von Märkten und Landwirten aus der Region gespendet.

Mit der Verweigerung des Kantinenessens unterstreichen die Flüchtlinge ihre Forderungen nach humanen Lebensbedingungen, die auch eine unabhängige Essensversorgung betreffen. "Wir wollen für uns selber kochen", begründet eine Bewohnerin des Lagers ihre Teilnahme am Boykott.

Weiterhin schließen sie sich damit den Forderungen an, die während des Streiks der Flüchtlinge in der ZAAB Oldenburg erhoben wurden und verweisen darauf, daß Bramsche eine Außenstelle der ZAAB Oldenburg ist. Mit dem Boykott in Bramsche-Hesepe fordern die Flüchtlinge, daß die Außenstelle in die Gespräche, die nach dem Streik in Oldenburg angekündigt wurden, mit einbezogen wird. Zumal sich die Lebensbedingungen in beiden Lagern sehr ähnlich sind.

Es wird auch ein Konto in Osnabrück geben, doch vorerst können die Spenden weiterhin auf das Streikkonto in Oldenburg überwiesen werden:

Arbeitskreis Dritte Welt e.V.,

Konto-Nr. 015 131 337, BLZ 280 501 00, LZO,

Verwendungszweck: Aktionstage

Pressemitteilung vom 21.11.2006 (anlässlich der Resolution des Rats der Stadt Oldenburg)

Oldenburger Stadtrat beschließt einstimmige Resolution zur Situation in der ZAAB Blankenburg

o Aktionen von Flüchtlingen und UnterstützerInnen begleiten die Stadtratsitzung

Der Rat der Stadt Oldenburg hat in seiner Sitzung am 20.11.06 einstimmig eine Resolution zur Situation in der ZAAB Blankenburg bei Oldenburg verabschiedet. Darin fordert der Rat der Stadt Oldenburg die niedersächsische Landesregierung auf, die "Kritikpunkte der Bewohnerinnen und Bewohner der ZAAB Blankenburg ernsthaft und intensiv zu prüfen und Lösungsvorschläge zu entwickeln".

Begleitet wurde die Stadtratsitzung von einigen Aktionen der Flüchtlinge und UnterstützerInnen. Um 15:00 fand eine Kundgebung in der Innenstadt statt, die erneut die Oldenburger Öffentlichkeit über die Situation in den Flüchtlingslagern Blankenburg und Bramsche/Hesepe informieren sollte. Die ca. 100 anwesenden DemonstrantInnen entschlossen sich spontan zu einer lauten und stimmungsvollen Demonstration durch die Innenstadt, die zum Tagungsort des Stadtrates führte. Auch dort wurden laut die Missstände in den Lagern kritisiert. Die Ratssitzung wurde von den DemonstrantInnen aufmerksam mitverfolgt. Die Flüchtlinge aus Blankenburg haben in ihrer Vollversammlung nach der Ratssitzung betont, so einer ihrer Sprecher, "dass sie die Unterstützung der Stadt Oldenburg für ihre Forderungen bei der Landesregierung in Hannover begrüßen". Aber es bleibt ihnen wichtig, dass diesen Worten nun auch Taten folgen müssen. Es ist bedauerlich, dass zur Anerkennung der Missstände in Blankenburg überhaupt ein vierwöchiger Streik notwendig war, aber es macht auch deutlich, dass es zu wirklichen Veränderungen nur kommen wird, wenn dieser Druck aufrecht erhalten wird. "Wir werden unseren Protest so lange weiter in die Öffentlichkeit tragen, bis die verantwortlichen Parteien unseren Forderungen nachkommen" lautete deshalb das Fazit an diesem Abend.

Diese Proteste machen einmal mehr deutlich, dass die Politik der Lagerunterbringung nicht aufrecht erhalten werden kann. Wo Menschen ihrer Würde beraubt und ihnen täglich elementare Grundrechte verweigert werden, wird es immer wieder Proteste geben. Die Lösung kann letztlich nur die Schließung aller Lager sein.

Ronald Sperling für das antirassistische Plenum Oldenburg Kontakt: Tel. 016096857380

Für Bramsche kommt hinzu, daß hier auch Kinder leben müssen, wodurch sich die Situation, was die Ernährung durch das Kantinenessen angeht, noch einmal erschwert. Als Eltern fühlen sich die Flüchtlinge dafür verantwortlich, daß ihre Kinder gesund aufwachsen. Das betrifft auch die Schwierigkeiten bei der medizinischen Versorgung. Flüchtlinge haben nicht das Recht auf freie Arztwahl und ärztliche Verordnungen werden häufig von der Sozialstation verweigert.

Zudem weisen die BewohnerInnen darauf hin, daß die schulische Versorgung für die Kinder unbefriedigend ist. Sie klagen immer wieder darüber, daß sie in der lagereigenen Schule nicht richtig lernen können. Bei Krankheit eines Lehrers fällt der Unterricht ganz aus.

Für die Familien ist die Wohnsituation insgesamt schwierig. Fünf- bis sechsköpfige Familien müssen sich einen gemeinsamen Raum teilen. Die Eltern haben keinen Raum für eine Privatsphäre und auch für Jugendliche und Heranwachsende ergeben sich große Probleme, wenn sie keinen getrennten Raum für sich zur Verfügung haben.

Am Mittwoch, den 8. November, wurde in dem Lager ein Warnstreik durchgeführt, um diese Zusammenhänge deutlich zu machen. Mit dem heutigen Tag treten die Flüchtlinge in einen unbefristeten Streik, was bedeutet, daß sie nicht mehr in der Kantine essen werden. Mit diesem Streik soll erreicht werden, daß Gespräche mit den Verantwortlichen über die Lebensbedingungen im Lager stattfinden. Der größte Wunsch der Flüchtlinge ist, in eigenen Wohnungen leben zu können, mit einem Alltag, wie ihn alle Menschen in diesem Land haben. Zumindest aber müssen die Bedingungen in dem Lager verbessert werden.

Bereits im März dieses Jahres haben die BewohnerInnen des Lagers einen Brief dem Innenministerium und Vertretern und Vertreterinnen des Landtages überbracht. Es sind dem weder Gespräche oder Taten gefolgt, die die Situation geändert hätten.

Sonstige Informationen zu Bramsche und Blankenburg (OL) sind auf www.nolager.de zu finden