Ist von 'Rechten' bzw. 'Menschenrechten' die Rede, reagieren immer noch beträchtliche Teile der Radikalen Linken wahlweise gelangweilt, abfällig oder aufgebracht. Gängige Schlagworte lauten unter anderem: Systemimmanente Flickschusterei, naives Gutmenschentum oder humanitär verkleisterte Kriegsideologie. Und doch, bei aller berechtigten, ja notwendigen Kritik an der herrschenden Menschenrechtsindustrie, der Wind dreht sich: Ob auf den Euromayday-Paraden oder anlässlich der G8-Mobilisierung für Heiligendamm, immer Öfter wird ein ausdrücklicher Bogen zu 'Globalen Rechten' geschlagen. Die Erkenntnis beginnt sich durchzusetzen, dass globale Rechte weder durch Geburt gesetzt sind noch staatlicherseits verfügt werden. Globale Rechte entspringen vielmehr sozialen Kämpfen von unten; ob und inwieweit sie tatsächlich Oberwasser gewinnen, ist demnach das Ergebnis je konkreter, mithin gesamtgesellschaftlicher Kräftekonstellationen. Insgesamt heißt dies also, dass es der Frage auf den Grund zu gehen gilt, was Rechte Überhaupt sind, was gemeint ist, wenn globale, d.h. politische, zivile und soziale Rechte eingefordert werden. Hierzu gehört zunächst eine kritische Auseinandersetzung mit den Hintergründen der traditionellen Geringschätzung emanzipatorischer Rechtsverhältnisse durch Linke nahezu jeder Couleur. Auf dieser Basis soll sodann in mehreren Schritten gezeigt werden, inwiefern die Sprache der globalen Rechte grundsätzlich nicht anderes als den Versuch darstellt, in begrifflicher Ausdifferenzierung das auf den Punkt zu bringen, was ansonsten kurz und bündig unter Titeln wie "Kommunismus", "Assoziation freier Individuen" oder "Marsch der Würde" (Zapatistas) firmiert.
Die Argumente, welche das politische Operieren mit globalen Rechten in Frage stellen, sind vielstimmig; nicht alle können gleichermaßen berücksichtigt werden, manche kommen nur beiläufig zur Sprache:
Zumindest soviel sollte deutlich geworden sein: Es gibt reichlich Anlass, nicht nur den Rechtsverhältnissen an sich, sondern auch globalen Rechten mit einer gehörigen Portion Skepsis zu begegnen. Dies jedoch mit der These einer prinzipiellen Unbrauchbarkeit, ja Illegitimität globaler Rechte zu verknüpfen, hieße schlicht und ergreifend, in die ideologische Falle der herrschaftsförmigen Verdinglichung bzw. Zurichtung des Rechts zu tappen. Denn die in der Kritik des Rechts sichtbar gewordenen Grenzen, Widersprüche und Verdrehungen sind nicht diejenigen des Rechts in seiner Gesamtheit, sondern diejenigen der derzeit hegemonialen Rechtspraxis (zu der natürlich auch die Apparate der Repression zur Durchsetzung herrschender Rechtsnormen gehören).
Den linken PauschalkritikerInnen des Rechts ist also der Vorwurf zu machen, dass sie besagte Verdinglichung einfach nur reproduzieren 'wenn auch im Modus der Kritik' und sich somit der Chance begeben, das Konzept globaler Rechte von seiner emanzipatorischen Seite aus kennenzulernen, d.h. als ein Instrument "von unten", mit dem soziale Bewegungen bereits seit dem 19. Jahrhundert rund um den Globus erfolgreich operieren. Was es mit diesem zugleich fordernden, antizipierenden und selbstermächtigenden Verständnis globaler Rechte auf sich hat und in welchem Verhältnis es zur hegemonialen Rechtspraxis steht, möge nunmehr in mehren Schritten erläutert werden
Es bleibt die Frage, worin für die (radikale) Linke der spezifische Nutzen liegen soll, ihre eigenen Kämpfe mit der Begrifflichkeit globaler Rechte kurzzuschließen, z.B. in Slogans wie 'Ein Sonntag für globale Rechte' (Euromayday-Parade Hamburg) oder 'Globale Rechte aneignen!' (kontrovers diskutierter Vorschlag für ein gemeinsames Anti-G8-Motto). Einige Antworten lauten:
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