Hier der Beitrag als Radiosendung.

139 Journalisten derzeit hinter Gittern

Anlässlich des heutigen Internationalen Tages „Journalisten hinter Gittern”, 23.11.06, macht "Reporter ohne Grenzen" auf die weltweit wegen ihrer Arbeit inhaftierten Medienleute aufmerksam. „Mindestens 139 Journalistinnen und Journalisten sind derzeit im Gefängnis, weil sie uns informieren wollten”, sagt Elke Schäfter, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen (ROG). „Die meisten von ihnen in China, Kuba, Äthiopien und Eritrea. Wir fordern ihre bedingungslose Freilassung.”

China ist mit 32 Inhaftierten das größte Gefängnis für Journalisten weltweit. In Kuba sind 23 Medienleute hinter Gittern, in Eritrea 22, in Äthiopien 21, in Myanmar sieben.

„Wer in diesen Ländern Demokratie und Menschenrechte einklagt oder über Korruption und Machtmissbrauch berichtet, riskiert seine Freiheit”, so Schäfter. „Dabei sind die Anklagen oft vorgeschoben. Sie können ‚Gefährung der inneren Sicherheit’, ‚Anstiftung zum Umsturz’, aber auch ‚Ehebruch’ oder ‚Homosexualität’ lauten.” Geständnisse werden häufig unter Anwendung von Gewalt erpresst.

Besonders aufmerksam macht ROG auf das Schicksal von Win Tin (Myanmar), Ching Cheong (China), Ricardo González Alfonso (Kuba), Fessehaye Yohannes (Eritrea), Sami al-Haj (USA) und Annakurban Amanklychev (Turkmenistan).

Weitere Informationen: Katrin Evers: www.reporter-ohne-grenzen.de

Myanmar: Win Tin - seit 17 Jahren hinter Gittern

Auch nach mehr als 17 Jahren Haft und großen gesundheitlichen Problemen gibt Win Tin seine politische Überzeugung nicht auf.

Der 76-jährige Journalist und Mitgründer der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) sitzt seit 1989 in einem Gefängnis nahe Rangoon. Seine Zellengenossen nennen ihn „den weisen Mann”. Er gehörte zu den einflussreichsten Beratern der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

China: Ching Cheong - 5 Jahre Haft für Informationen über die Partei

Der Korrespondent der in Singapur ansässigen Zeitung „Straits Times”, wurde im August 2006 in Peking zu fünf Jahren Haft wegen Spionage verurteilt. Als er im April 2005 in die Provinz reiste, um Unterlagen zu dem früheren chinesischen Reformpolitiker Zhao Ziyang für die „Straits Times” zu bekommen, tappte er in eine Polizeifalle.

Kuba: Ricardo González - Optimismus hinter Gittern

„Sie haben mich zusammen mit meinem Optimismus eingesperrt”, sagte Ricardo González einmal. Der 56-Jährige ist ein Vorkämpfer des unabhängigen Journalismus in Kuba. 20 Jahre Haft lautete das Urteil, nach Gesetz 88 zur „Sicherheit der Unabhängigkeit und Wirtschaft Kubas”.

Eritrea - Ein Dichter als „Bedrohung für die nationale Sicherheit”

Seit seiner Jugend hatte Fessehaye Yohannes für die Unabhängigkeit Eritreas gekämpft. 1993, als das ostafrikanische Land ein Jahr unabhängig war, gründete er zusammen mit dem Journalisten Dawit Isaac „Setit”, die erste private Zeitung des Landes. Am 18. September 2001 wurden zahlreiche Journalisten und Oppositionelle festgenommen. Die Anklage lautete mal „Ungehorsam” und mal „Spionage”. Seit dem 3. April 2002 haben seine Frau und seine drei Kinder keine Nachricht mehr von ihm erhalten.

USA: Sami al-Haj - Häftling Nummer 345 in Guantanamo Bay

Der gebürtige Sudanese Sami al-Haj wird seit vier Jahren zu Unrecht in Guantanamo auf Kuba festgehalten. Der 37-Jährige war Kameraassistent des arabischen Satellitensenders Al Dschasira. Im Dezember 2001 nahm ihn der pakistanische Geheimdienst an der afghanischen Grenze fest und übergab ihn im Januar 2002 dem US-Militär. Am 29. Juni dieses Jahres urteilte das oberste US-Gericht, dass die Inhaftierung der Insassen in Guantanamo ohne ein ordentliches Verfahren unrechtmäßig ist. Diese Praxis verstoße sowohl gegen die Genfer Konventionen, als auch gegen die Verfassung der USA. Zur Zeit befinden sich 400 Häftlinge in Guantanamo.

Turkmenistan: Annakurban Amanklychev - 7 Jahre für Arbeit mit ausländischen Medien

Der 35-jähriger Vater von drei Kindern arbeitete für die französische Produktionsfirma „Galaxie-Presse” in Turkmenistan. Am 16. Juni wurde Amanklychev verhaftet. Mit ihm festgenommen wurden die „Radio Free Europe/Radio Liberty”-Korrespondentin Ogulsapar Muradova und der Menschenrechtsaktivist Sapardurdi Chadschijew, die Annakurban bei seiner Arbeit geholfen hatten. Der Vorwurf: Spionage und Vorbereitung eines Staatsstreichs. Zudem seien Waffen in Annakurbans Wagen gefunden worden. Ogulsapar Muradova starb Anfang September in Gefängnis, offensichtlich an den Folgen der Folter.