Drei weitere Hinweise auf Heucks Leben und Handeln

liefert das soeben erschienene Heft "Handlungen haben seinen Preis" von Karl Heinz Lorenzen- Erinnerungen eines kommunistischen Südschleswigers aus drei politischen Systemen in Deutschland.

S. 14: Der alte Maurer Borg war auch dänisch gesonnen und rot. Ich verkehrte in seinem Zuhause und unsere Musiker übten in seinem Keller. Er starb anfang der 30ger Jahre. Ihm wurde eine große Beerdigung zuteil, eine der größten, die Flensburg jemals erlebt hatte. Anwesend waren 800 Menschen, und zwei kommunistische Orchester spielten. Christian Heuck hielt die Grabrede für ihn. Borgâs Enkel, Arne Borg, hat viele Jahre für den SSW im Flensburger Stadtrat gesessen.

S. 17: Ich hatte eigentlich nie den Eindruck, dass die Nazis vor 1933 in Flensburg besonders stark waren. Sie hatten ihr Hauptquartier im Bellevue im Nordergraben, und wenn sie eine Versammlung hatten, holten sie Leute von außerhalb, besonders aus der Gegend von Bredstedt und Husum. Schlachter aus Schafflund, Bauernjungs von überall her, Schläger und SA-Leute. Am 17. Februar 1931 kam es zu einer regulären Schlägerei in Verbindung mit einem Nazitreffen im Bellevue. Heuck versuchte zu reden, und die Nazis verlangten, er solle Stellung nehmen zu der Parole, die Heinz Neumann vom Zentralkomitee ausgegeben hatte: ,,Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" Heuck sagte, dass man damit seiner Meinung nach eine verkehrte Linie einschlug. Es kam zu einer Diskussion und zur Schlägerei, als 20 bis 30 weitere SA-Paviane aus dem Keller auftauchten. Sie versuchten, Heuck an den Beinen vom Rednerpult zu zerren, und es gab einen fürchterlichen Radau. Viele versuchten wegzufahren, wir hatten aber die Batterien von ihren Lkws entfernt, sie mussten also bleiben und kämpfen. Es gab Verletzte auf beiden Seiten, und in der folgenden Zeit wurde es schwieriger für die Nazis, die Bauernjungs nach Flensburg zu locken.

S. 15: Im Arbeiterviertel Tempelhof in der Apenrader Straße wohnten viele dänisch orientierte Kommunisten. Der Ortsteil hieß im Flensburger Schnack «Klein Moskau». Der Platz am Nordertor hieß der «Rote Platz» und von diesen beiden Stellen gingen die meisten kommunistischen Demonstrationen aus.

Es kam häufig zu Zusammenstößen zwischen kommunistischen Arbeitslosen und der Polizei, so auch am Pfingstsonnabend 1931. Der Reichstagsabgeordnete Christian Heuck, Willi Hannemann und Ernst Baitzersen marschierten an der Spitze. Als wir uns auf dem, Roten Platz" versammelt haften, kam Polizeileutnant Fiedler und verkündete: ,,Herr Heuck, die Demonstration ist verboten und hiermit aufgelöst!" Im selben Moment bekam er einen Schlag an seinen Helm, so dass dieser sich verschob und ihm die Sicht versperrte. Da rief Heuck: ,,Arbeiter! Die Polizei will euch provozieren. Fallt nicht darauf herein!" Irgend jemand, es stellte sich nie heraus wer, hatte dem Polizeibeamten eine mit der Transparentstange gelangt; es waren keine Verräter in der Nähe. Die Polizei schwärmte aus und räumte den Platz, Heuck und Fritz Peters wurden verhaftet und in einem offenen Polizeiauto abgeführt. Dort standen sie und riefen, Rot Front!" Die Polizei versuchte, die Leute vom Platz zu prügeln. Die Demonstration dauerte aber den ganzen Tag, denn wir führten die Polizei an der Nase herum. Immer wieder bekamen sie Anrufe, jetzt sind die Kommunisten hier, und jetzt sind sie da, und wenn sie ankamen, haften wir uns schon wieder verzogen. Auf dem Südermarkt stürmten sie eine Kneipe und warfen Tische und Stühle um, aber Kommunisten fanden sie nicht. Die Sympathie für die kommunistische Partei wurde immer stärker, aber keine andere Begebenheit führte zu so vielen neuen Mitgliedern in der Partei wie der Pfingstsonnabend 1931.

Es kam zu einer großen Gerichtsverhandlung, 'Flensburger Aufruhrprozess' genannt, wo Chr. Heuck wegen 'Landfriedensbruch' angeklagt war. Man konnte ihn aber nicht verurteilen, da er nichts getan hafte. Er hatte nicht zum Widerstand gegen die Polizei aufgerufen, dafür gab es doch zu viele Zeugen. Während er in Untersuchungshaft saß, gingen wir ein paar Mal die Woche vorbei mit dem Orchester, hielten an und gaben ein Platzkonzert vor dem Gefängnis. Er wurde also freigesprochen und entlassen und machte noch ein paar Jahre lang hervorragende Arbeit in Flensburg. Später ging er nach Kiel und arbeitete im dortigen Parteibüro, und hier wurde er Ende 1932 in Haft genommen. Er erlebte also die Machtübernahme der Nazis vom Gefängnis aus. Später wurde er ins Zentralgefängnis nach Neumünster überführt. Dort wurde er im Februar 1934 in seiner Zelle ermordet.

Die Gefängniswärter waren zu der Zeit durch SA-Leute abgelöst worden. Die stürmten plötzlich in seine Zelle und schlugen auf ihn ein. In den anderen Zellen hörte man ihn schreien, aber niemand konnte helfen. Seine Frau bekam nur seine Urne ausgeliefert, seinen misshandelten Körper durfte sie nicht sehen. Sein Grab ist in Kiel, und jedes fünfte Jahr halten wir eine kleine Gedenkfeier an seinem Grab.

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