Dieser Teil der Ausstellung "Ganz Deutschland ist ein Koog. Dithmarschen im Nationalsozialismus" trägt den Titel "abweichendes Verhalten". Wir zeigen, dass die Behauptung, in der "NS- Vorzeigeregion" Dithmarschen habe es kein abweichendes Verhalten bzw. keinen Widerstand gegeben, nicht tragbar ist.
Die Exponate sollen veranschaulichen, dass es in Dithmarschen abweichendes Verhalten und sogar Widerstand gegeben hat. Dabei handelte es sich jedoch um Einzelfalle. Um den Unterschied zwischen den Bezeichnungen "abweichendes Verhalten" und "Widerstand" verständlicher zu machen, grenzen wir diese Begriffe deutlich voneinander ab. Außerdem wird versucht, diese abstrakten Begriffe anhand von Einzelfällen fassbar zu machen und ihnen so ein Gesicht zu geben.
Dithmarschen ist als frühe "NS- Vorzeigeregion" bekannt. Doch gerade diese durchaus korrekte Verallgemeinerung muss unseren Blick für diejenigen schärfen, die sich nicht in den Strom der "Mitläufer" einreihten. Wie sah abweichendes Verhalten dieser Menschen in Dithmarschen aus und in weIchem Verhältnis stand es zu der Mehrheit an Befürwortern? Abweichendes Verhalten in Dithmarschen stellte in jedem Fall eine Seltenheit dar. Dennoch gab es ein Spektrum an abweichenden Verhaltensweisen, die auch hier im aktiven Widerstand münden konnten.
Es gab also nicht immer nur schwarz und weiß. Beispielsweise zeigen wir exemplarische Biografien von Dithmarschern, die ausländische Rundfunksender hörten, den Hitlergruß verweigerten oder Flugblätter verteilten. Schon solche Abweichungen, die kleinsten Kritiken, konnten zur strafrechtlichen Verfolgung führen.
Wir mächten Sie, liebe Besucher, mit einem neuen Blick für die ganz andere Seite des Lebens im "Koog Dithmarschen" in den weiteren Verlauf der Ausstellung entlassen.
Station "Abweichendes Verhalten" im Modell
Was ist "abweichendes Verhalten"
Das Ziel des NS-Staates war es, einen total überwachten und kontrollierten Staat zu schaffen. Trotzdem gab es abweichendes Verhalten und Widerstand. Zwischen diesen beiden Begriffen muss unterschieden werden.
Unter abweichendem Verhalten versteht man Handlungen einzelner, die sich aus persönlichen Beweggründen gegen die Regeln des NS-Staates richteten. So gab es beispielsweise Menschen, die ausländische Rundfunksender hörten oder den Hitlergruß verweigerten.
Schon die kleinste Kritik am System konnte zur strafrechtlichen Verfolgung führen. Widerstand dagegen beinhaltet die Absicht zur Änderung der Verhältnisse beizutragen. Im Extremfall konnte das Ziel das Ende des Regimes sein.
Aktennummer: 07849/33
Angeklagter: __________________
Geburtsdatum: 08.09.1914
Geburtsort: Heide/Norderdithm.
Beruf: Haustochter
Delikt: Heimtücke
Sachverhalt:
Die Angeklagte ohne festen Wohnsitz hatte am 20. August 1933 in Westerland (Sylt, Südtondern) einen Brief aufgegeben. Der Brief war an ihren Vater in Dänemark gerichtet. Jener hielt sich dort im Ausland aus politischen Gründen auf. U.a. schrieb' die Angeklagte: 'Die Zeihingen schreiben alle den- selben Mist, überall finden die SA und die Polizei kommunistische Waffenlager und Flugblätter. Die ganzen Seiten stehen voll von diesem Quatsch. Soll man das vielleicht glauben?! Der Brief wurde von der Zollfahndungsstelle geöffnet. - Der Vater und der Bruder der Angeklagten waren in Heide (Norderdithm.) als Landesverräter (Pazifisten) angeprangert worden.