Diese Ausstellungsstation will zeigen, wie der Umgang mit dem Nationalsozialismus im Nachkriegs-Dithmarschen zu beurteilen ist. Auffällig ist, dass sich deutliche Brüche zwischen demokratischem Anspruch und gesellschaftlicher Realität finden lassen. Dieses ambivalente Verhältnis wird vor allem an den Teilbereichen Bewältigung der nationalsozialistischen Ideologie im Rahmen der Entnazifizierung, Gedenkkultur am Bespiel des Lagers Gudendorf und der Integration der Flüchtlinge in die neue Lebenswirklichkeit der Nachkriegszeit dargestellt.
Die offiziell von britischer Seite betriebene Entnazifizierung lief auch in Dithmarschen - wie deutschlandweit - nach folgendem Verfahren ab: Über einen Fragebogen mussten erwachsene Deutsche nachweisen, wie eng ihre Verbindungen zum Nationalsozialismus gewesen waren. Daraus sollte die jeweilige Schuld an den deutschen Verbrechen abgeleitet werden~ . Für Dithmarschen zeigt sich zum einen, dass trotz des enormen Zuspruchs zur NSDAP die Kategorie der ,Entlasteten' den größten Teil der Bevölkerung ausmachte. Aktive Nationalsozialisten hatte es offensichtlich kaum gegeben. Zum anderen lässt das häufig verwendete Instrumentarium des ,Persilscheins' - also die gegenseitige Bestätigung der jeweiligen "Unschuld" als Beleg rur Schuldlosigkeit - offen, wie es um die konkrete Täterschaft und um die wirkliche Sühne bestellt war. Der in der Ausstellung dokumentierte Entnazifizierungsvorgang belegt, wie einfach es war, auch als flammender Anhänger des Nationalsozialismus in die Kategorie der ,Entlasteten'. eingestuft zu werden. Sühne wurde damit zur bürokratischen Kategorie abgewertet.
Am Beispiel der Gedenkkultur für das Mahnmal Gudendorf auf dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangen- und Sterbelagers, in dem vor allem sowjetische Kriegsgefangene untergebracht waren, wird diese Widersprüchlichkeit gegenüber dem Nationalsozialismus deutlich. Eine erste Gedenkstätte rur die verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen wurde schon bald nach dem Kriegsende 1945 auf Betreiben der britischen Besatzungsmacht, errichtet. Bezeichnenderweise wurde diese jedoch nie offiziell eingeweiht und
verfiel sehr schnell wieder. Dieser Zustand war für die Gemeinde Gudendorf und den Kreis Süderdithmarschen nicht haltbar. So entschloss man sich 1956, die Gedenkstätte zu erneuern. Die praktische Umsetzung scheiterte aber an bürokratischen Unwägbarkeiten, zu deren Beseitigung die Landesregierung wenig Initiative zeigte.
Erst 1962 wurden dann das 11 Meter hohe Mahnmal und die Gedenkstätte errichtet. Eingebettet in den Kontext des Kalten Krieges erscheint das Gedenken an die so'-'detischen Opfer des Nationalsozialismus mehr als Teil des politischen Kalküls und nicht als Verantwortung gegenüber den Opfern.
Auch die Lage der Flüchtlinge in Dithmarschen wirft viele Fragen zum angeblichen ideologischen Umdenken nach dem Krieg auf. So muss die Situation der Flüchtlinge als angespannt und schwierig dargestellt werden. Es gab zu wenig Wohnraum und Unterbringungsmöglichkeiten, die hygienischen Bedingungen waren schlecht. Es mangelte an allem. Die Flüchtlinge wurden teilweise in Baracken, teilweise jedoch auch in Privathaushalten untergebracht, was wiederum zu Konflikten führte. Die Einwohner Dithmarschens kamen mit dieser Situation nur schwer zurecht und brachten darüber hinaus den Flüchtlingen wenig Sympathie und Verständnis entgegen. So kam es immer wieder zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen.