Gegen das Vergessen – Mahnung für die Zukunft


Die Stolpersteine am Südermarkt. 2 und in der Marschsstr. 37 in Meldorf



foto von Jansen

Friedrich Jansen mit Ehefrau Berta und Enkel Reimer




Hier lebte

Friedrich Jansen

Jg. 1883

erschossen vom

NSDAP-Bürgermeister

tot 15.05.1945


Verlegungsort: Südermarkt 2


Friedrich Jansen wurde 1883 in Lunden geboren. Als gelernter Kellermeister übernahm er 1909 die Weinhandlung am Meldorfer Südermarkt 2.


In Meldorf war Jansen ein angesehener Bürger und Kaufmann. Kommunal- oder parteipolitisch ist Friedrich Jansen in der Weimarer Zeit nicht in Erscheinung getreten.

Der Hauptausschuss wählte ihn 1929 in den Vorstand der Meldorfer Stadtsparkasse, diesen Posten behielt er bis 1938.


Am 11. Mai 1945 traf sich bei Friedrich Jansen eine Gruppe von Männern, um zu beratschlagen, wie in Meldorf ein Neuanfang begonnen werden könnte. Es wurde beschlossen, den britischen Befreiern den Meldorfer Rechtsanwalt Dr. Nagel als neuen Bürgermeister vorzuschlagen. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt der NSDAP-Bürgermeister Friedrich Diekmann noch im Amt (und im Rathaus). Diekmann war eines der ersten NSDAP-Mitglieder in Dithmarschen (seit 1926), enger Vertrauter des Gauleiters Lohse. Er war Kreisschulungsleiter ab 1934, Kreisleiter der NSDAP von 1939-45 und Standartenführer der SA, was dem Rang eines Oberst entspricht.

So wurde ebenfalls beschlossen, eine Delegation in das Rathaus zu entsenden, um Diekmann zu bitten oder aufzufordern, seinen Posten zur Verfügung zu stellen.


Friedrich Jansen übernahm diese Aufgabe, wobei er von drei weiteren Bürgern unterstützt wurde. Die Delegation begab sich zum Rathaus. Sie trafen Diekmann im Garten hinter dem Rathaus vor dem Kellereingang an. Jansen begann die Verhandlungen auf plattdeutsch: "Ferdinand, wi much mol mit di snacken!" Der Bürgermeister nahm sich die Zeit, so dass Jansen weiter ausholen konnte: "Hör mal Ferdinand, wir sind beauftragt, dich zu bitten, dass du deinen Bürgermeisterposten niederlegst." Diekmann antwortete jedoch empört: "Ihr Verräter! Spitzbuben!", zückte eine Pistole und streckte Jansen mit zwei Schüssen nieder.

Der Leiter der Stadtwache Heinrich Kammrath wurde informiert und griff sofort zu seinem Karabiner und rannte in den Garten. Dort fand er nicht nur den sterbenden Jansen vor, der noch mit letzter Kraft versuchte, sich fortzuschleppen, sondern auch den Bürgermeister, der sogleich das Feuer auf ihn eröffnete. Kammrath tötete daraufhin Diekmann mit einem Kopfschuss.

Friedrich Jansen starb 4 Tage später, sein Sohn Hans führte die Weinhandlung weiter bis 1978.


Der "Fall Diekmann" hatte noch ein juristisches Nachspiel. Im Mai 1955 wurde der Staatsanwaltschaft Itzehoe ein anonymes Schreiben zugeschickt. "Mehrere Einwohner Dithmarschens", wie der Brief unterschrieben war, wollten den Täter Diekmann zum Opfer machen und forderten die Staatsanwälte auf, gegen Kammrath zu ermitteln. Zu einem Verfahren kam es allerdings nicht. Die Staatsanwaltschaft kam nach der Befragung diverser Zeugen eindeutig zu dem Schluss, dass Heinrich Kammrath in Notwehr gehandelt hatte


Hier wohnte

Johann Wilhelm Jasper

Jg. 1898

im Widerstand

verhaftet 28.02.1933

hingerichtet 29.09.1934

in Hamburg


Verlegungsort: Marschstr. 37


Johann Wilhelm "Willy" Jasper wurde 1898 am Meldorfer Sandberg 22 (heutige Marschstraße 37) geboren. Der Sandberg war zu dieser Zeit das Viertel der armen Menschen in Meldorf. Nachdem Jasper im 1. Weltkrieg Soldat war, wurde er Seemann und fuhr als Matrose zur See. Später arbeitete er als Schauermann im Hamburger Hafen, wohnte in der Hamburger Neustadt, fühlte sich aber bis zu seinem Tode mit Meldorf verbunden.


Wie der überwiegende Teil seiner Kollegen wurde er Mitglied der KPD und der "Roten Marine", in der er trotz deren Verbot in der Weimarer Republik eine leitende Funktion übernahm.


Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahre 1933 organisierte die "Rote Marine" bewaffneten Widerstand gegen die Hitler-Regierung, der von den Nationalsozialisten erst im Frühjahr 1934 zerschlagen werden konnte. Dieser Widerstand wurde von der eigenen Partei, der KPD, indes als "individueller Terror" strikt abgelehnt. Johann Wilhelm Jasper wurde bei einem Schusswechsel mit der SA im Februar 1933 schwer verletzt und inhaftiert. Mehrere Monate war er in der "Landesheilanstalt Langenhorn" eingesperrt.


Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht verurteilte ihn am 25. September 1934 wegen angeblichen "Mordversuches und Widerstand" zum Tode. Das Urteil wurde am 29. September 1934 durch das Beil vollstreckt. Das Sondergericht war von 1933-1934 überwiegend mit Prozessen gegen die "Rote Marine" beschäftigt und fungierte nach der Einschätzung von Frank Bajohr tatsächlich als "Nationalsozialistisches Revolutionstribunal".


In einer Ehrentafel der KPD von 1936 oder 1937 ist Johann Wilhelm Jaspers Name aufgeführt. Ansonsten ist der Widerstand von ihm und der "Roten Marine" weder dokumentiert noch anerkannt worden - auch nicht von der KPD oder SED.


Die Stolpersteine


Menschen sollen in ihrem Alltag über Verfolgte und Opfer des Faschismus’ stolpern. Die Steine allein haben nur eine begrenzte Aussage. Sie bekommen ihren Sinn durch die permanente und kritische Auseinandersetzung mit dem Faschismus und Antisemitismus. Da bald keine ZeitzeugInnen mehr leben werden, helfen die Stolpersteine Orte von Verfolgung zu benennen.


Weitere Informationen sowie Fotos von der Verlegung der Stolpersteine befinden sich im Internet unter: www.stolpersteine-dithmarschen.tk

Zu dem Projekt Stolpersteine und dem Künstler Gunter Demnig gibt es im Internet auf der Seite www.stolpersteine.com weitere Informationen.


Der Arbeitskreis Widerstand und Verfolgung im nationalsozialistischen Dithmarschen trifft sich jeden 1. Dienstag im Monat um 20.00 Uhr im Gemeindehaus St. Jürgen in Heide. MitstreiterInnen sind herzlich willkommen.

Wir sind per E-Mail zu erreichen unter arbeitskreis1@gmx.net. V.i.s.d.P.: Arbeitskreis Widerstand und Verfolgung im nationalsozialistischen Dithmarschen