Versammlung mit Hitler im Heider Stadttheater

Anmerkungen zum Heider Stadtplan


Der Stadtplan ist ein Rekonstruktionsversuch der Gruppe "Widerstand und Verfolgung im nationalsozialisitischen Dithmarschen". Basis ist ein Stadtplan von 1922, der nach Aussagen von Zeitzeugen, der Stadtarchivarin, dem Buch "'Heider Gottsleider" von Marie-Elisabeth Rehn und der Magisterarbeit im Fach Geschichte von Harro Harder "Ausländer in der Stadt Heide (1939-1945) ergänzt wurde.
Der Stadtplan soll kein bestimmtes Jahr darstellen, sondern einen überblick über wichtige Ereignisse der Nazizeit bieten, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

-Markt, Diagonalwege wurden 1937 auf Anordnung des Bürgermeisters Herwig eingeebnet. Kandelaber verschwindet, Paradeplatz für NS-Paraden.
-Markt 29. Postelheim. Wohnsitz der Bürgermeister. Dr.Hadenfeldt. Bürgermeister 1903-1909,1927-37 und ab 1945 5 Jahre ehrenamtlicher Stadtdirektor. Ab 1952 Ehrenbürger der Stadt Heide. Während seiner Zeit als Bürgermeister wurde z.B. die Deutschlandfahne verbrannt und die Hakenkreuzfahne auf dem Rathaus gehißt. Auch die Entlassung der jüdischen Lehrerin Lilly Wolff (s.u.) fällt in seine Zeit. Der 1933 in das Stadtparlament gewählte kommunistische Abgeordnete Böhlig wird nicht geladen. Er wird verhaftet. kommt frei. 1944 ins KZ Neuengamme. Er stirbt bei der Evakuierung des KZs 1945. 1937 wird Dr.Hadenfeldt durch den Nazi Herwig ersetzt. Das gewählte Parlament wird aufgelöst und durch 14 von der Partei eingesetzte Ratsherren ersetzt.
Die 1933 gewählten SPD-Parlamentarier Auguste Ebeling und Thord Jibsen sowie der sozialdemokratische Kohlenhändler Schmekel werden 1944 im Zuge der "Gewitteraktion" ebenso wie Böhlig verhaftet und kommen ins KZ. Schmekel stirbt im KZ Bergen-Belsen.
-Markt 31. Stadtverwaltung
-Markt 32, Polizei und SS-Standarte 53
-Markt 1, altes Rathaus bis 1935, danach Standesamt. 1937 zog das Museum ins Hofgebäude, abgerissen 1960 für Straßenbau
-Friedrichstraße 4. (jetzt Drogerie Rossmann) bis 1938 im Besitz der jüdischen Familie Stillschweig, die Eltern sterben 1931 und 1935, die 4 Kinder und der Enkel werden in Auschwitz ermordet.
-Rosenstraße. Adolf-Hitler-Schule, davor Oberrealschule, jetzt Werner-Heisenberg-Gymnasium.
Im Januar 1944 wurden die 15jährigen Schüler als Flakhelfer eingezogen. um die Hemmingstedter Raffinerie mit völlig unzureichenden leichten Kanonen vor Bombenangriffen zu schützen. Mindestens die 15jährigen Schüler Lorenz Jensen und Karl Bremer kamen dabei um.
-Adolf-Bartels-Straße, jetzt Bürgermeister-Vehrs-Str. Bartels war Literaturhistoriker und Schriftsteller. geb. in Wesselburen, sein Werk war geprägt von Antisemitismus und Nationalismus. Trotzdem wurde die nach dem Krieg an der Straße gebaute Schule nach ihm benannt und erst nach einem großen öffentlichen Skandal in St.Georg-Schule umbenannt. Die Straße wurde gleichzeitig nach dem ersten ehrenamtlichen Nachkriegsbürgermeister, Rechtsanwalt Vehrs, benannt. Wie viele andere Heider war er 1933 wegen regimefeindlicher Äußerungen verhaftet, nach kurzer Haft aber wieder entlassen worden.
-Höhere Töchterschule, jetzt Klaus-Groth-Realschule. In Teilen des Schulkomplexes war die NSDAP-Kreisleitung untergebracht. An dieser Schule unterrichtete bis 1933 die jüdische Lehrerin Lilly Wolff. Nach 14jähriger Tätigkeit wurde sie 1933 ohne Bezüge wegen ihrer Herkunft entlassen. Bis 1936 versuchte sie, in Heide als Nachhilfelehrerin zu überleben. dann folgte das totale Berufsverbot. Sie ging nach Berlin, von wo sie nach Riga deportiert und zusammen mit ihrer Mutter ermordet wurde. Sie ist in dem vom Koblenzer Bundesarchiv verfaßten Gedenkbuch für die jüdischen Opfer der NS-Zeit S.1619 verzeichnet (dortSchreibweise Lilli Wolff).
-am Galgenberg, in der NS-Zeit gebaute "Künstlersiedlung", Wohnsitz der Maler Gross und Grabe, des Architekten Saeftel, des SD-(Sicherheitsdienst)Leiters Stöhrmann und des Leiters des Dithmarscher Sippenarchivs Thomsen.
-Gr.Westerstraße 21, Wohnhaus 1922-31 des kommunistischen Landtagsabgeordneten Gustav Bruhn und seiner Frau Elisabeth, beide aktive Widerstandskämpfer in der NS-Zeit, ohne Gerichtsverfahren am 14.2.44 im KZ Neuengamme hingerichtet.
-Süderstraße, Buchhandlung des Pazifisten Paul Riechert. Verhaftung von Vater und Sohn nach der Weigerung des Vaters, Nazi-Propagandaschriften im Laden auszulegen. Buchhandlung wird 1933 geschlossen, Bücher beschlagnahmt. Nach der Haftentlassung Flucht nach Dänemark, wo sie überleben.
-Kleine Straße, kath.Kirche, immer wieder Ziel pöbelnder SA-Leute, Pfarrer Aloys Boecker muß barfuß und im Nachthemd begleitet von einer johlenden Menge die Runde um den Marktplatz machen. Die Machthaber verbieten den polnischen Zwangsarbeitern. am Gottesdienst zusammen mit Deutschen teilzunehmen.
-Landweg (jetzt Hamburger Str.). städtisches Krankenhaus. Die erkrankten Fremdarbeiter wurden nicht zusammen mit Deutschen behandelt, sondern in einer Extra-Baracke untergebracht. Nach Protesten des Bürgermeisters und des Pflegepersonals wurden Fleckfieberverdachtsfälle ab 1942 überhaupt nicht mehr im städtischen Krankenhaus behandelt. sondern in eine ehemalige Luftwaffenbaracke in Hindorf bei Gudendorf gebracht (ab 1944 dort Sterbelager für russische Kriegsgefangene mit über 3000 Toten innerhalb eines Jahres)
-Klein Heide, jetzt Wulf-Isebrand-Platz. "Heider Anzeiger" heute "Dithmarscher Landeszeitung", Lokalzeitung. Arbeitsplatz von Erich Böhlig bis zur Verhaftung 1933.

Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlager:

(Polen=PI; Sowjetbürger=SU; Franzosen=F; Belgier=B Jugoslawen=J; Italiener=I ; Kriegsgefangene=Kgf. ,Kdo=Kriegsgefangenenlager (Kommando) Ag=Arbeitgeber

Kriegsgefangene des "Feindes" in Heide

-Durchgangs lager Rennbahn, überwiegend Kgf SV/PI
-Durchgangslager Meldorfer Str.51 Kgf SU
-Kohlenlager auf dem Gelände der alten Gasanstalt Norderstr.60 Kdo 583 Ag:Stadtverwaltung Kgf.F,B,SU
-alte Mühle Feldstr/Grüner Weg Ag:Gehlsen Kfg SU,F
-Feldstraße, Firmengelände Gehlsen, Kgf SU
-Getreidelager am Kleinbahnhof, Kdo 509'. Kgf.F,B
-Brauhausstr. (jetzt Kelters Drift)Ag:Köster Kgf,F,B
-Harmoniestr.Ag:Köster. F,B,PI,SU. z.T. Kgf.SU
-Baracke am Kleinbahnhof.SU. I. JU
-Polenlager Stiftstr.79 Maschinenschuppen PI
-Gastwirtschaft Butenschön(heute Diskothek Quick)
-Tivolistr.2, F. SU
-Ballhaus Tivoli-Nebengebäude-Turnstr..F.SU.Pl.
-Gastwirtschaft Ziegelhof. Landweg 51. (jetzt Hamburger Str.) F.SU
-FehrspIatz SV
-fraglich: Theodor-Storm-Str. Waldschlößchenstr.
-Weddingstedter Chaussee(heute Husumer Str/Apenrader Str.) möglicherweise auch Lager für deutsche Flüchtlinge
-Polenfriedhof:42 Einzelgräber PI, darunter 7 Kinder bis 12 Jahre, Massengrab 18 SV; Russenfriedhof:Massengrab 80-100 Kgf SV
Rekonstruktion: C.Orgis, Gruppe Widerstand Verfolgung im national- sozialistischen Dithmarschen c/o G.Gerchen, Landweg 7,25779 Hennstedt

Originalseiten 2-5