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Samuel Stillschweig

wurde 1862 in Ostrowo geboren. Als Mitzwanziger verläßt er seine Heimat, vermutlich auf der Suche nach besseren Erwerbsmöglicbkeiten.
1888 heiratet er Auguste Marcus in Lüneburg. 1891 wird in Heide ihre Tochter Frieda geboren. 1895-99 lebten die Stillschweigs in Lübeck und haben ein Gewerbe der "Confection und Schuhwaren" angemeldet 1896 wird der Sohn Dagobert geboren.
Um die Jahrhundertwende erwirbt Samuel Stillschweig das Haus in der Heide Friedrichstraße Nr. 4. Die beiden Töchter Martha und Gertrude werden 1906/07 geboren. Auguste Stillschweig stirbt 1924 und wird auf dem neueren jüdischen Friedhof in Friedrichstadt beerdigt. Dort befand sich die einzige größere jüdische Gemeinde an der schleswigholsteinischen Westküste und auch eine Synagoge.
Nach der Machtergreifung richtet sich das Augenmerk der Nazis auch auf das Geschäft in der Friedrichstraße. Im März 1933 wird unter der Leitung des NSDAP- Ratsherren und Studienrates Otto Thießen ein sogenannter "Ausschuß zur Abwehr jüdischer Greuel- und Boykotthetze" gebildet. Heider Anzeiger 1.4.33: "Das einzige in der Friedrichstraße in Betracht kommende Geschäft, das durch ein schwarzes Plakat mit einem gelben Punkt gekennzeichnet war, hatte übrigens geschlossen" so daß die SA-Posten, die Kunden abschrecken sol1ten nichts weiter tun konnten, als "die Neugierigen zum Weitergehen zu veranlassen." Am 4.9.35 stirbt Samuel Stillschweig und wird neben seiner Frau in Friedrichstadt beerdigt. Am 14.7.37 verkauft Gertrud das Haus an den Uhrmacher Hans C. F. Jessen. Nicht mehr zu klären ist, ob der Kaufpreis von 22000 Reichsmark noch entrichtet wurde und ob Gertrud Stillschweig das Geld jemals erhalten hat.
Gertrud lebte dann bis zu ihrer Deportation 1943 in Hamburg, ihre Schwestern Frieda und Martha wurden 1943 von Berlin deportiert, Dagobert ebenfalls 1943 aus Drancy in Frankreich. Alle vier Kinder der Samuel und Auguste Stillschweig sind "in Auschwitz verschollen", aller Wahrscheinlichkeit nach dort vergast worden.

Martin Matthiesen,

Ansicht eines Vollnazis

seinerzeit NSDAP- Kreisleiter schreibt in seinen "Lebenserinnerungen" zu den Pogromen am 9.11.38: "Das einzige in meinem Kreis vorhandene jüdische Textilgeschäft blieb unbehelligt." Was nicht verwundert, ist der Jude doch seit drei Jahren tot, das Geschäft inzwischen arisiert. Matthiesen, einer der frühesten Kämpfer für die NSDAP in Dithmarschen, wurde später Landesobmann und stellvertretender Führer der Landesbauernschaft, später "kämpfte" er im Baltikum und kehrte nach 1945 auf seinen Auhof vor den Toren Meldorfs zurück. Ein angesehener Sohn seiner Stadt.