Alle haben's gewusst

Vom 3. bis zum 8. November waren 5 ehemalig Zwangsarbeiterinnen aus Polen im Kreis Dithmarschen.

Eingeladen waren sie vom "Arbeiskreis Widerstand und Verfolgung im Nationalsozialistischen Dithmarschen", der "Heinrich Böll Stiftung - anderes lernen, Schleswig- Holstein", und dem Verein für Dithmarscher Landeskunde e.V." Am Dienstag luden sie zu einer offenen Gesprächsrunde im Gemeindehaus in Heide ein und am Mittwoch fand ein Vortrag in Windbergen "Zur Linde" statt. In Heide waren so 20 Leute. Nachdem Frau Frankowska bereits in der Zeitung Rede und Antwort gestanden hatte, berichtete zunächst Herr Olewzinski auf dem Podium sellvertretend für die anderen Fünf aus seinem Leben. er kam als 12- jähriger und war beschäftigt bei der Tischlerei Boldt in Heide, die es nicht mehr gibt. Er "kam" nach Heide beinhaltet all die Umstände, die damit zusammenhängen. SS, die die Haustür aufbrechen, den Jungen aus seiner Familie reißen, und ein wochenlanger überlenenskampf im Viehwaggon.

Nicht viel komfortabler waren die Unterbringungen der Zwwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Dithmarschen. Ich konnte Jan Olewczinski ein paar Fragen stellen. Seine Arbeitsstelle war einen Kilometer entfernt und er berichtete, dass er zum Essen diese ein Kilometer laufen musste, schnell essen und danach wieder zurück. Ich erklärte ihm, dass die alten Dithmarscher immer behaupten, sie hätten nichts gesehen. Doch - , sie müssen ihn gesehen haben, wie er jeden Mittag hin und her gerannt ist. Ich fragte auch, ob er die ganze Zeit über Kontakt mit Dithmarschern gehabt hat, und er antwortete: "Mit niemandem." Damit wird wieder einmal klar, wie die Dithmarscher drauf waren. Die Entschuldigung: "Wir haben von nichts gewusst", soll den Eindruck erwecken, wenn sie was gewusst hätten, dann hätten sie geholfen, aber sie wollten garnichts wissen. Und geholfen haben nur wenige, die meisten fanden es richtig so. Alle fünf waren bemüht, unsere Fragen zu beantworten und die Zeit war viel zu kurz. Der Bericht von Herrn Olewcinski wurde vom Offenen Kanal aufgezeichnet.

Die erste Frage von einem Besucher aus Heide war, ob sie auch was nettes über die Dithmarscher sagen könnten. Dabei haben sie schon darauf verzichtet, Namen zu nennen und richtig schlimme Sachen kamen nicht vor.

Die Veranstaltung in Windbergen wr ganz anders organisiert. Die Fünf sind überhaupt fast kaum zu Wort gekommen. Stimmung kam auf, als ein Winbergener aufstand und erzählte, dass auf seinem Hof auch zwangsarbeiter beschäftigt waren und behauptete, dass die sogar ins Kino gehen durften. So im Tenor, die wollen die Deutschen nur schlecht machen. nachdem ihm Verharmlosung vorgeworfen wurde, ist er dann gegangen. Danach erzählte einer der fünf Gäste eine Geschichte mit Pferden. Als er fertig war wollte ein Deutscher Begleiter ihn ergänzen und sagte: "Das hat er gestern noch viel besser erzählt." Dieser Abend war allgemein von oben herabblickend. So sprach der Windbergener Bürgermeister, der angefragt wurde und gar keine Ahnung hatte, worum es ging, davon, dass wir Deutsche und Polen doch irgendwie alle gleich seien und bergliche es mit dem Beispiel, damals hatten wir Zwangsarbeiter und heute haben wir Erntehelfer. Außerdem empfahl er den polnischen Gästen, sich mal um die Demokratie in ihrem Heimatland zu kümmern, (so als ganz kostenloser Tip). Zum Schluss wünschte er ihnen noch eine gute Nacht, wenn sie wieder in ihre Quartiere gehen. Aller Anfang ist schwer. An diesem Tag konnte von Versöhnung keine Rede sein. Weitere Berichte: