Erste Büsumer Ortsgruppe der Nazis mit selbstgebastelten Hakenkreuzfahnen.

Kampf dem Faschismus

Neuerdings aber treibt in Deutschland, und ganz besonders in Dithmarschen, ein Haufen sein Unwesen, der sich "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei" nennt. In Lunden hat die NSDAP, wie sie kurz heißt (von ihren Gegnern wird sie als "Nazis" betitelt), bereits ihre erste Ortsgruppe, später kommt Wesselburen hinzu, wo sich ihr alle Mitglieder der DSP anschließen, die damit zum Erlöschen kommt, die NSDAP aber gewaltig anschwellen lässt. Und diese Partei wächst und wächst im größtenteils rechtslastigen Bauernland Dithmarschen.

Bis jetzt spielten sich die Auseinandersetzungen der KPD und der demokratischen Kräfte nur mit der Polizei und dem von den Idealen und abgehalfterten Führern der Freikorps beherrschten "Stahlhelm" ab, dessen Zielrichtung gegen die Kommunisten gerichtet ist, der einzigen Partei von der man bewaffneten Widerstand erwartet. Jetzt bekommen die demokratischen Kräfte und die KPD einen ernstzunehmenden Gegner in der Schutztruppe der NSDAP, SA - Sturmabteilung - genannt. In ihr sammeln sich außer gewaltbereiten Idealisten auch eine nicht geringe Anzahl von Rabauken und Schlägern, denen keine Anstrengung zuviel ist, gewalttätige Auseinandersetzungen zu suchen. 1926 ist die Parole der SA getreu dem Schlachtruf der alten Dithmarscher: "Du oder ik - sla doot, sla doot!" Die Übergriffe der SA gegen ihre Gegner von links mehren sich. Verstärkung findet diese Schlägerformation im altbekannten "Stahlhelm", dem Bund der Frontkämpfer.

Als Antwort auf diese Vereinigungen, die zur schlagkräftigen Auseinandersetzung bereit sind, gründet die SPD als Schutztruppe das "Reichsbanner schwarz-rot-gold", und aus der KPD formiert sich der "Rote Frontkämpferbund", dessen Erster Bundesführer Ernst Thälmann wird. Auch sein Freund Christian Heuck tritt als Führer in diese Saalschutzorganisation der KPD ein.

Unter diesen Umständen versucht Christian Heuck eine Organisierung der landwirtschaftlichen Wanderarbeiter, im Volksmund "Monarchen" genannt. Aber mit diesem Vorsatz scheitert er. Die Monarchen, ein ungebundener Haufen freiheitsliebender Gesellen mit eigenen Moralvorstellungen sind nicht bereit, sich organisieren und reglementieren zu lassen. Diese vergeblichen Bemühungen sollen Heuck später von seinen Gegnern den Titel eines "Monarchenführers" eintragen.

Das Anwachsen der antidemokratischen Kräfte von rechts lassen die Zahl der Zusammenstösse erheblich anwachsen. So werden im Entlassungsjahr Christian Heucks aus der Haft, dem Jahr 1928, nach einer polizeilichen Zusammenstellung in Schleswig- Holstein 398 Personen bei politischen Schlägereien verletzt und 3 getötet. Als Täter werden 309 Kommunisten und 201 Nationalsozialisten ausgemacht. Bei 85 Versammlungen schreitet die Polizei ein. 23 Nationalsozialisten werden als Störer festgestellt, neunzehnmal kommt die Störung von anderen Rechtsgruppen oder von der gegnerischen linken Seite.

Die Sympathie in der Bevölkerung Dithmarschens für die "schlagkräftige" rechte Bewegung nimmt zu, wie uns das Ergebnis der Reichstagswahl vom Mai 1928 zeigt: 3192 Norderdithmarscher wählten die "Hitler-Partei" genannte NSDAP. Eine gewaltige Zunahme gegen den Wählerbestand im Anfangsjahr der "Bewegung", 1924. Damals waren es im Mai nur 368 Wähler, deren Zahl bis zur Dezemberwahl des Jahres auf 152 sank. Die Stimmenzunahme bei der Reichstagswahl 1928 spornt die NSDAP an, in Norderdithmarschen verstärkt Werbung für ihre "Bewegung" zu machen. Versammlung folgt auf Versammlung, Propagandamarsch auf Propagandamarsch.

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