Anmeldung des Sohnes

Man schreibt den 18. März 1892, es ist hier an der Westküste Schleswig-Holsteins trotz des frühlingsnahen Datums ein ungemütlicher Wintertag. Vom Himmel fällt Schneeregen und ein kalter Nordostwind bläst. Ein junger Soldat stapft durch den schweren, schmierigen Klei des Landwegs, der Heuwisch mit Neuenkirchen verbindet und betritt kurz darauf das Haus des Amtsvorstehers. Es ist der junge Hinrich Ferdinand Heuck aus Heuwisch, der im zivilen Leben in dem kleinen Dorf mit seiner Frau eine Kate bewohnt. Als Kätner bewirtschaftet er ein kleines Stück Land, und nebenbei, da sein Gewese nicht zum Bestreiten des notwendigen Lebensunterhalts genügt, ist er als Arbeiter tätig. Zur Zeit leistet er den letzten Monat seines Wehrdienstes ab "für Kaiser und Reich", wie es so schön heißt. Wegen der anstehenden Entbindung seiner Frau hat man ihm kurz vor Ende der Dienstzeit noch einmal acht Tage Urlaub gewährt.

Nach kurzem Anklopfen, auf das ein barsches "Kom rin!" ertönt, betritt der junge Soldat das Zimmer. "Moin", sagt er und "Moin" klingt die Antwort. An einem alten Schreibsekretär sitzt ein älterer Mann, offensichtlich einer der äörtlichen Hofbesitzer. Ehrerbietig, wie es sich für einen Arbeiter einem der reichen Marschbauern gegenüber gehört, bleibt Hinrich Heuck vor dem Schreibtisch stehen, das "Krätzchen" - die Mütze -vorschriftsmäßig unter den linken Arm geklemmt.

Nach einer Weile hebt der Amtsvorsteher den Kopf. "Wat wullt Du?" fragt er kurz. "Ik will mien Sohn anmellen," kommt die Antwort. Während der Amtsvorsteher die Papiere und das Geburtenregister hervorkramt, brummelt er: "Na, een Söhn is dat. wosück schall he denn heeten?" "Wi hebbt dacht, Hans Krüschan, no sien beiden Grossvadders," entgegnet Hinrich Heuck. "Name des Kindes, Hans Christian Heuck, männlich," murmelt der Bauer vor sich her, während er schreibt. Dann wird gesiegelt und unterschrieben, anschließend die Tinte abgelöscht. Als der Alte dem Soldaten die Urkunde überreicht, kann er es sich nicht versagen, zu brummen: "Köönt jüm in jüm Koot den öberhaupt een Kind nähren?" Er erwartet keine Antwort auf seine Frage, denn mit einem "Tschüs ook!" verlässt der junge Vater das Haus. Noch abends fährt er von Wesselburen aus mit dem Zug zu seinem Truppenteil zurück.

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