EIN JAHR SPäTER - DIE GERICHTSVERHANDLUNG
Weil man politische Demonstrationen fürchtete, ließ die Justiz das Schwurgericht Altona zu einer Sondersitzung in Meldorf tagen.
Einen Tag vor der Verhandlung wurde eine geplante Kundgebung der Kommunisten durch Bürgermeister Schmedtje verboten. Zudem war Altonaer Bereitschaftspolizei anwesend. Der Beginn des Prozesses war zu spüren. Starke Gendarmerieeinheiten patrouillierten mit umgehängten Karabinern durch die Straßen in der Nähe des Landratsamtes. Der Zugang zum Gericht und Landratsamt war durch Doppelposten mit Karabinern gesichert.
„Wenn vielfach von extremen Parteien in ihrer Presse von Klassenjustiz die Rede sei,
so werde dabei vergessen, dass durch falsche parteipolitisch gefärbte Aussagen das Gericht zu falschen Schlüssen geführt werden könne.” Mit diesen Worten eröffnete Landgerichtsdirektor Dr. Block die Verhandlung. Auf diese Weise nahm er den Ausgang vorweg.
Er meinte mit diesen extremen Parteien die Linken. Nur in deren Presse war von Klassenjustiz die Rede. Wenn also die Kommunisten verurteilt wurden, war es ihre eigene Schuld, weil sie das Gericht zu falschen Schlüssen führten, denn das Wort Klassenjustiz wäre falsch. Dadurch unterstellte er eine Verschwörung.
16 Kommunisten und ein Naziführer waren angeklagt. Heuck und noch drei andere waren monatelang wegen dieser Angelegenheit inhaftiert. Der Nazi nicht.
Viele Zeitungen schickten ihre Beobachter. Die sozialdemokratische Volkszeitung titelte am 13.2.30: „Gleiche Brüder, Gleiche Kappen und Hat sich die Staatsanwaltschaft vergriffen?”. Oberstaatsanwalt Gollnick erklärte dazu: „Alle Strafverfolgung gegen Nazis sind vom Gericht außer Vollzug gesetzt worden.” Er forderte zusammen mit Staatsanwaltschaftsrat Dr. Junker 6 1/4 Jahre Zuchthaus für Heuck und über 23 Jahre Gefängnis für die anderen 12 Angeklagten.
Die Nazizeitung ‚Hamburger Nachrichten‘ schrieb: „Die Wöhrdener Kommunistenunruhen vor Gericht. Die Angeklagten sind alle jugendlich und der Parteifunktionär Heuck ist durchaus der Mann, der die irregeleitete Jugend zu formen vermag”. Die DLZ und der Heider Anzeiger schrieben unter der Überschrift: ‚DIE WöHRDENER BLUTNACHT‘. Einzig die Norddeut-
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