stellt. Die Diskussion wurde nie zuende geführt, denn im Juli 1942 flog in Berlin ein Teil der Schulze- Boysen/Harnack- Gruppe auf. Es gab Verhaftungen und Verhöre, bei denen der Gestapo auch Beziehungen nach Hamburg bekannt wurden. Als erste der nun in Hamburg einsetzenden Verhaftungswelle wurden am 18. Oktober 1942 Gustav und Lisbeth Bruhn festgenommen, am 19. Oktober Robert Abshagen und Walter Bohne. Insgesamt gab es etwa 100 Verhaftungen, doch Franz Jacob und andere Führungskader konnten fliehen. Die Gefangenen wurden in Fuhlsbüttel von der Gestapo verhört.
Die überlebende Gefangene Maria Kruges berichtet aus Fuhlsbüttel, aus der Zeit in der die gefangenen Frauen in Block III von Totenkopf- SS bewacht wurden: "Beim Spaziergang sah ich auch die anderen Frauen von Block III, die zum größten Teil in denselben Prozeß gehörten. Frau Prieß, grauhaarig, immer auf-recht, immer diszpliniert, Lisbeth Bruhn, immer eine blonde Haarsträhne im Gesicht, aus dem zwei gütige blaue Augen hilfsbereit und freundlich in die Welt blickten. Ein Gesicht einfach und klar, nie würde man denken, welch tapferer Kämpfer in dieser kleinen verarbeiteten Frau steckte. Und viele sah ich, deren Namen ich nicht mehr weiß und auch damals nicht wußte." 31)
Im März 1943 wurden 69 Häftlinge von der Gestapo aus Fuhlsbüttel in die NS- Untersuchungshaft abgegeben. Die Prozesse gegen Lisbeth und Gustav Bruhn fanden aber nie statt, denn Ende Juli 1943 erzitterte Hamburg unter schweren englischen Luftangriffen. 40.000 Menschen kamen ums Leben, es gab kein Gas, kein Wasser, keinen Strom. Dazu die Seuchengefahr und Massenobdachlosigkeit. Die Gestapozentrale (Stadthaus) war zerstört und der Justizapparat schwer behindert, da viele Gefängnisse kaputt waren. So bekamen Untersuchungshäftlinge, darunter auch 70 Widerstandskämpfer und Kämpferinnen für 2 Monate Hafturlaub, mit der Auflage, während dieser Zeit keinen Kontakt zu "Tatgenossen" aufzunehmen. 32)
Im Untergrund
„Gustav Bruhn hatte noch vor der Entlassung Order gegeben, sich in den nächsten Tagen zu einer Beratung über die neue Situation zusammenzufinden." 33)
Etwa 20 der Beurlaubten, darunter Lisbeth und Gustav Bruhn, beschlossen sich nach Ablauf der Frist nicht der Nazi- Justiz auszuliefern, sondern den Widerstandskampf aus dem Untergrund heraus weiter-zuführen. Während die Bruhns bis zu der Verhaftung 1942 noch eine legale Existenz hatten, mußten nun mit Hilfe von Genossen und Freunden illegale Quartiere, falsche Papiere, Lebensmittel, Kleidung und Waffen besorgt werden. Nach Ablauf der Frist wohnte Lisbeth Bruhn illegal bei Frau Klara Dworznik, Gustav Bruhn bei Käthe und Richard Tennigkeit. Kurt Schill versteckte mit seiner Frau Hilde Schill den wichtigen Leitungsmann für den Bereich Werften, Walter Bohne und versorgte ihn mit einer Schußwaffe und Munition.
Unter Leitung von Gustav Bruhn und Walter Bohne wurde die antifaschistische Tätigkeit fortgesetzt und der Versuch unternommen, die im Oktober 1942 zerschlagene Organisation wieder aufzubauen. Obwohl Gustav Bruhn, Walte und Änne Bohne, Heinz Nilsson, Hans Hornberger u.a. nur noch aus tiefstem Untergrund wirken konnten, gelang es ihnen, zahlreiche Verbindungen zu den intakt gebliebenen Betriebszellen wieder herzustellen und eine große Zahl Hamburger Antifaschisten neu in die illegale Arbeit einzubeziehen, so z.B. durch Hans Hornberger die Gruppe um Ernst Fiering und Franz Reetz, die ihren Schwerpunkt auf der Stülcken- Werft hatte und
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