Weitere Reden Christian Heucks auf dem Schleswig- Holsteinschen Provinziallandtag

3. April 1930; Abg. Heuck= Itzehoe: Meine Damen und Herren! Die Kommunistische Fraktion hat einen Antrag eingebracht, bei Kapitel 599, Titel 8, für die "Rote Hilfe" einen Beitrag von 15 000 RM und in Titel 9 für die "Internationale Arbeiterhilfe" einen Beitrag von 10 000 RM einzusetzen. Zur Begründung dieser Anträge kurz folgendes: Die "Rote Hilfe" hat sich als Ziel und Zweck ihres Bestehens gesteckt, die Opfer der heutigen Klassenjustiz vor dem Untergang in Zuchthäusern und Gefängnissen zu bewahren und darüber hinaus auch die Familienmitglieder dieser Opfer in Form von Unterstützung zu betreuen. (Lebhafte Zwischenrufe.) Wir glauben, Herr Hansen, dass es Ihnen unangenehm ist, dass Sie als Stellvertreter der Sozialdemokratischen Partei mit die Verantwortung tragen für die ungeheure Klassennot. (Unruhe und wiederholte Zwischenrufe.) Ich weiß nicht, Herr Hansen, wie lange Sie schon in der proletarischen Bewegung (ge)hen. (Zuruf Richard Hansen: Viel länger als Sie!) Wenn Sie glauben, Herr Hansen, mich einmal unter den Baltikumkämpfern gesehen zu haben, dann sieht man Ihnen, Herr Hansen, die Unwahrheit wieder an Ihrer Nase an. Wir wissen, dass Ihr mit allen Mitteln versucht, Leute, die in der proletarischen Bewegung stehen und die Euch unangenehm sind, zu verunken. (Zuruf Richard Hansen: Wo waren sie vor 4 Jahren?) Fragen Sie Ihren Herrn Hansen, der dort sitzt. Vor 4 Jahre war ich im Zuchthaus. (Zuruf Richard Hansen: So!), wohin ich von ihrem sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Hermann Müller und von Ihrem sozialdemokratischen Landeshauptmann Lange in Sachsen geschickt wurde. Die hatten mich verurteilen lassen durch den Staatsgerichtshof in Leipzig und zwar an demselben Tage, an dem 24 Jahre früher August Bebel und Liebknecht auf derselben Anklagebank wegen derselben Delikte verurteilt worden waren. (Zuruf Richard Hansen: Was haben Sie gemacht?) Vorbereitung zum Hochverrat. Deswegen ist auch Liebknecht verurteilt worden. Meine Damen und Herren! Zu den Zwischenrufen der sozialdemokratischen Abgeordneten möchte ich sagen, dass sie den Eindruck machen, als ob die Herren gerade die Idiotenanstalt verlassen haben, und ich habe fast das Empfinden, als ob die Sozialdemokratische Partei bei Aufstellung dieses Etats diese Leute gar zu sehr herangezogen hat. (Lebhafte Heiterkeit.) Aber ich möchte sagen, die "Rote Hilfe" hat sich zur Aufgabe gemacht, die Opfer unserer heutigen Klassenjustiz vor dem Untergang zu bewahren, und ebenso für ihre Familien zu sorgen. Von vielen Kommunen und Gemeinden bekommt die "Rote Hilfe" mit Zustimmung der Sozialdemokraten, eine Unterstützung, genauso, wie wir in den Kommunen auch für die "Arbeiterwohlfahrt" und sonstige Einrichtungen stimmen, und ich bin geradezu erstaunt, Herr Hansen, dass Sie über eine Organisation wie die "Rote Hilfe" sowenig unterrichtet sind. (Zuruf Richard Hansen: Die kenne ich genau!) Sie haben auch nicht zu befürchten, jemals mit den Gerichten in Konflikt zu kommen. (Zuruf Richard Hansen: Ich bin auch ein anständiger Staatsbürger!) Natürlich Herr Hansen, aber Sie wissen doch auch aufgrund der marxistischen Analyse, dass doch einmal der Tag der Abrechnung kommt, und ich glaube, Herr Hansen, dann ist auch für Sie ein Baum gewachsen (lebhafte Heiterkeit), und wenn ich dann vielleicht Ihr öffentlicher Ankläger sein würde, dann würden wir die Sache sehr kurz machen. (Lebhafte Heiterkeit.)

Wir beantragen deshalb, für die "Rote Hilfe" in diesen Titel 15 000 RM einzusetzen und unserem Antrage zuzustimmen. Des weiteren bitten wir, unter demselben Kapitel eine neue Ziffer 9 hinzuzufügen, um für die "Internationale Arbeiterhilfe" einen Beitrag von 10 000 RM bereitzustellen. Die "Internationale Arbeiterhilfe" hat es sich zur Aufgabe gemacht, Arbeiterfamilien bei Wirtschaftskämpfen vor dem Untergang zu retten. Wir glauben, dass Sie für derartige soziale Einrichtungen die Mittel nicht verweigern dürfen und beantragen deshalb die Annahme dieser Anträge.

Antwort auf den nationalsozialistischen Abgeordneten Beek aus Speersdieck: "Meine Damen und Herren! Wir wollten sprechen über die Tscheka und über die Dinge der Fememordsituation. Ich glaube, meine Herren Nationalsozialisten, dass es nicht einen einzigen Tschekamörder, nicht einen einzigen Fememörder in Deutschland gibt, der nicht in Ihrer Organisation gestanden hat. Ich erinnere an jenen berüchtigten Hauenstein, der im Stettiner Prozess sich hinstellen konnte, um zu erklären: Jawohl, ich habe angeordnet, dass in Oberschlesien 200 Fememorde ausgeführt wurden. Sehen Sie sich Ihre eigenen Reihen an, wie viele Fememörder Sie in Ihren Reihen haben, und dann fühlen Sie sich nicht mehr berufen, ein Wort darüber zu verlieren. Es ist geradezu ein Skandal, wenn Sie sich für berechtigt halten, über Kulturpflege zu reden. (Heiterkeit.) Wir Kommunisten sagen: Feste die Faschisten schlagen, wo man sie trifft. Eure Kohlmesser sind aus dem Wöhrdener Prozess bekannt. Das Gericht hat erklärt: Das Kohlmesser ist nicht in Wöhrden gewesen; das wird freigegeben. Aber die Mordinstrumente, die die Nationalsozialisten genommen haben, die sind beschlagnahmt worden. Das werden sie nicht leugnen können."

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