FEIN SÄUBERLICH AUSGELÖSCHT WIDERSTAND IN MELDORF
In der reizenden Domstadt Meldorf gibt es keine einzige nach einer Antifaschistin oder Antifaschisten benannte Straße. Dafür gibt es the Heeschstraße, benannt nach dem Bauern, 1. Beigeordneten der Stadtverwaltung und Kandidaten der NSDAP, Wilhelm Heesch, Dies Amt des Stadtverordneten wurde nicht gewählt, sondern von dem Parteiführer Nottelmann an treue Kameraden verliehen.
So wie das Rechte Meldorfer Auge glänzt angesichts dieser Ehrung einer altbekannten Nazigröße, so ist das Linke Auge blind für Meldorfer Widerstandskampf. Z.B. für Bernhard Wulf. Er wohnte in der Klosterstraße 25.
Im September 1933 wurde er beschuldigt, in der oben beschriebenen "Wöhrdener Blutnacht' den damaligen Sturmführer Claußen- Albersdorf mit einem Morgenstern niedergeschlagen und 14 Messerstiche versetzt zu haben. Zeugen hierfür waren sein Nachbar, der Arbeiter Karl Lity, Klosterstraße 13 und die bei seinem Geständnis anwesenden OG (Ortsgruppenleiter) Wilhelm Röhlk, Büttelsweg und Standartenführer Schröder aus Bargenstedt.
Die Zeugenaussagen reichten allerdings zu einer Anklage nicht aus. Erst 1935 wurde ein Verfahren angestrengt. Es wurde nicht einmal ein Protokoll erstellt, wie zwei Schreiben des Bürgermeisters Willi Schmedtje an den Landrat belegen.
Dies geschah oftmals. Wenn die neuen Machthaber ihre politischen Gegner nicht anders loswerden konnten, wurde ihnen etwas angehängt; z.B. dem Uhrmacher Alfred Jäger.
Bernhard Wulf sollte im April 1935 aus dem Gefängnis in Neumünster, in dem ein Jahr und zwei Monate vorher Christian Heuck ermordet wurde, entlassen werden.
Dies führte zu heftigen Aktivitäten bei den Meldorfer Nazis:
„Wulf war hier als verbissener Kommunist bekannt. Es würde jedenfalls sehr zu begrüßen sein, wenn Wulf möglichst mit seiner Familie aus Meldorf verschwinden würde. Sofern noch ein Verfahren gegen Wulf eröffnet wird, empfiehlt es sich vielleicht, Wulf vor seiner Rückkehr nach Meldorf in Untersuchungshaft zu nehmen. Es ist jedenfalls zu befürchten, dass das Wiederauftauchen des Wulf zu einer starken Beunruhigung in Meldorf und Umgebung führen wird, gez. Bürgermeister als Ortspolizeibehörde 20.3.35”.
In einem weiteren Schreiben berichtet der Bürgermeister, „dass Wulf zu diesem (seinem) Geständnis nicht durch Schläge gezwungen wurde...,”.! Diese Formulierung provoziert zu der Annahme, dass er sehr wohl gefoltert worden ist- eine Prozedur, die ihm aus Neumünster zur Genüge unter dem Begriff ‚geschärfte Vernehmung‘ bekannt gewesen sein dürfte. Anscheinend hat es eine Anfrage gegeben. Die beiden, Röhlk und Schröder konnten jedoch keine gerichtsverwertbaren Aussagen aus ihm herauspressen. Eine Gerichtsverhandlung gegen ihn hat nie stattgefunden.
Diese Informationen sucht man vergeblich in den Meldorfer Stadtakten. Dort ist zwischen 1932 und 1946 ein großes Loch zu sehen. Die Akten sind entweder zum Kriegsende vernichtet worden, oder später. Der Verwaltungsangestellte, der mich begleitete, war sehr in Sorge, ob ich wohl was finden würde, aber es ist alles fein säuberlich ausgelöscht.
Das verführt sehr dazu, anzunehmen, dass die Nazis hier einen unbeschreiblichen Terror gegen jede Opposition ausgeübt hatten.
Bernhard Wulf bekam ihn zu spüren und sicher auch Karl Lity, dessen Aussagen nicht ausreichten, um Wulf aus der Stadt zu schaf-
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